Engagement

«Herstellen und Eindecken» – Holzschindeldach-Kurs im Sefinental

Ein Rückblick ins Jahr 2021

Die Regionalgruppe Interlaken Oberhasli des Berner Heimatschutzes BHS führte an zwei Wochenenden im September 2021 einen Holzschindeldach-Kurs «Herstellen und Eindecken» im Sefinental durch. Der Kurs fand unter fachkundiger Leitung von Kaspar Winterberger, Holzbauer aus Meiringen statt. Zuständig für die aufwändige Planung und Organisation war Friedrich Graf, Bauberater des BHS und Architekt. Mehr als zwanzig motivierte Kursteilnehmer – Frauen und Männer – nahmen am Kurs teil.

Das Kursobjekt, ein Melkstand auf 1450 m ü. M.

Kursobjekt war ein Melkstand der Alpkorporation Sefinen auf «Firten» (1450 m ü. M.) am Südhang des Schilthorns. Eigentümerin der Alp ist zu zwei Dritteln die Gemeinde Unterseen; die übrigen Bergrechte gehören hauptsächlich Bauern aus dem Lauterbrunnental. Die kleine historische Hütte steht am Bergweg von Gimmelwald nach Chilchbalm. Das wildromantische Sefinental gehört zum UNESCO-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch.

Das Dach der Melkhütte musste fast komplett erneuert werden. Im Vorfeld des Kurses errichteten die Zimmerleute auf teils ersetzten Pfetten eine neue Sparrenlage und brachten waagrecht Dachlatten als Grundlage für die spätere Befestigung der Holzschindeln an. Der Materialtransport – auch des Eindeckmaterials, der Holzschindeln – geschah durch die Luft mit dem Helikopter, da zum Gebäude nur ein schmaler Bergweg führt.

Die Arbeit am Melkstand

Soviel zur Ausgangslage. Unter sehr guten Wetterbedingungen ging es los. Der Kurs leitete folgende Arbeitsschritte in Theorie und Praxis an: das Spalten der Holzschindeln aus Fichtenholz, das Schnätzen für die richtige Form und letztlich das Anbringen auf dem Dach. Benötigtes Schindelwerkzeug waren Schindeleisen, «Bleuel» (hölzerner Schlägel), Beil, Hammer und Messer. Dabei galt es unter vielem anderen folgende Konstruktionsdetails zu beachten: der Dachfuss (Traufe) beginnt mit vier Lagen, am Ortgang (seitliche Dachkante) werden keilförmige, halbe Schindeln eingesetzt und die Firstschindeln passend zur Windrichtung ausgerichtet. Die Hauptarbeit lag aber im Verlegen der unzähligen zirka 60 cm langen Holzschindeln, dem Eindecken des Schindeldaches. Reihe für Reihe, überlappend und zueinander versetzt wurden die Holzschindeln sorgfältig und mit Augenmass auf den Dachlatten mit Hammer und Nagel befestigt.

Praktischer Nutzen

Die Motivation für die Kursteilnahme der Anwesenden war unterschiedlich. Die einen, bereits Fachleute im Holzbereich, wollten das Schindelhandwerk in ihr eigenes Angebot aufnehmen, die anderen hatten ein eigenes kleines DIY-Projekt für den Garten im Sinn. Alle holten sie sich nun am Kurs das Rüstzeug für ihre Pläne. Und obwohl alle kräftig und unermüdlich zupackten, reichten die Kurstage zeitlich nicht, sodass einige der Kursteilnehmenden freiwillig das Fertigstellen des Schindeldaches übernahmen. Herzlichen Dank für die grossartige Leistung! Der Melkstand auf «Firten» kam so zu einem neuen hochwertigen Schindeldach aus Fichtenholz. Es blieb also nicht bei Übung und Theorie zur Ausbildung in einem lokalen Handwerk, sondern der Holzschindeldach-Kurs hatte auch einen ganz praktischen Nutzen.

Holzschindeln – nachhaltig und vielseitig einsetzbar

Abschliessend ist noch erwähnenswert, dass Holzschindeln nicht nur bei Alphütten Verwendung finden, sondern auch bei Kirchendächern und bei modernen Gebäudefassaden. Zudem gibt es regional unterschiedliche Techniken, wie zum Beispiel der Vergleich von Dächern der Alphütten des Berner Oberlandes mit denjenigen der Freiburger Alpen zeigt.

Von Edith Biedermann

Ausblick: Förderung der Schindeldächer

Schindeldächer sind arbeits- und kostenintensiv in der Erstellung. Sie werden unter anderem deshalb noch eingesetzt, weil sie viele Vorteile gegenüber Blech und anderen Eindeckmaterialien haben. Sie sind witterungsresistent, äusserst stabil und halten dem Schneedruck auf alpiner Höhe problemlos stand. Für das Dach im Sefinental wie andernorts auch wurde mit den Schindeln aus einheimischer Fichte ein nachwachsender, lokaler und damit nachhaltiger Baustoff eingesetzt. Für die Biodiversität trägt das Schindeldach als Lebensraum für Kleinlebewesen und Pflanzen ebenfalls viel mehr bei als jedes andere Eindeckmaterial.

Aktion Schindeldach Berner Heimatschutz

Die Aktion Schindeldach wurde 1986, vor 35 Jahren ins Leben gerufen. Sie vermittelte bis dato rund 1700 Gesuche. Die Aktion sollte ganz im Sinn des Erhalts der Schindeldächer, laufend in Erinnerung gerufen werden.

Kontakt und Auskunft

Berner Heimatschutz
Geschäftsstelle
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3011 Bern

T 031 311 38 88

Aktion Schindeldach

Der Berner Heimatschutz verwaltet einen internen Fonds für Schindeldächer. Helfen Sie uns, diese Zeugen bernischer Baukultur zu bewahren.